Nachhaltige Kommunikation

Was soll denn bitte nachhaltige Kommunikation sein?

Nur Inhalt, der nachhallt, macht ein Unternehmen auch krisensicher. Warum Nachhaltigkeit bei Werbung und Kommunikation genauso relevant ist wie bei Eiern, Gemüse, Fleisch und Strom.

Ehrlich gesagt: Es wundert mich eigentlich, dass der Begriff „Nachhaltigkeit“ nicht längst zum Unwort irgendeines der vergangenen Jahre gekürt wurde. Er wird so inflationär verwendet, dass am Ende die Botschaft jener, die wirklich nachhaltig arbeiten, unterzugehen droht. Das finde ich schade. Denn: Gerade in unserer Konsumgesellschaft sollte dieser Begriff eben kein Modegag, sondern vielmehr selbstverständlich, nicht mehr nennenswert also, sein. Aber das ist wohl eine andere Geschichte.

Achtung – kleine Selbstreflexion.

Tatsächlich ist es so, dass auch ich in meinen Präsentationen oder im Branchentalk selbst auf dieses Wording zurückgreife, es nutze. Wenn ich nämlich von Content-Kommunikation spreche, erläutere ich eben möglichst plakativ, dass dies im Grunde die nachhaltigste Form der Werbung ist. Nun bin ich selbst unschlüssig, ob ich das auch mit meiner Kritik an der inflationären Verwendung eben dieses Vokabels vereinen kann – aber darüber werde ich im Anschluss an diesen Blog-Post nachdenken.

Jetzt aber: Was meine ich mit Nachhaltigkeit in der Werbung?

Dazu wage ich kurz einen Schritt zur Seite in eine Welt, die in Wahrheit nicht meine ist: die klassische Werbung. Was passiert hier? Man preist mit möglichst knalligen Botschaften ein Produkt oder eine Dienstleistung an. Während die Kampagne läuft, ist es möglich, deren Erfolg in Echtzeit zu messen.

Das hat natürlich gerade für große Unternehmen klare Vorteile: Man kann sehr direkt erkennen, welche Maßnahme wirkt und welche eben nicht. Daraus folgt: Man kann schnell gegensteuern. Der Preis für diese Option ist erst einmal aus Kostensicht hoch. So ein Werbespot? Da braucht man schon Budget – für Kreation, Produktion und dann natürlich noch für die zielgruppenrelevanten Werbeflächen und so weiter.

Vor allem aber sind diese Werbespots genauso kurzlebig, wie sie eben auch als Maßnahme gedacht sind. Er muss schon richtig gut sein, der Spot, damit man ihn sich länger merkt. Oder er läuft einfach so lange, dass er sich direkt in die Großhirnrinde einbrennt. Stichwort: Fewa Wolle (wetten, Sie können den Slogan sofort aufsagen?). Aber bleiben wir beim Jetzt: An welchen Spot der vergangenen Jahre können Sie sich spontan erinnern?

Hashtag glaubandich

Mir fällt hier auf der Stelle der allererste Spot der Erste Bank-Kampagne #glaubandich ein (sogar der Hashtag ist mir gerade ohne zu googlen eingeschossen) – und das, obwohl der bereits 2018 lief. Da sitzt ein kleines Mädchen auf ihrem Fahrrad und rast, begleitet von Queens „Don’t stop me now“, über einen Parcours, der jeden Red-Bull-Biker abwerfen würde … Ich bin mir sicher, dass ich den Plot nicht weiter ausführen muss, Sie haben den Spot garantiert schon vor dem inneren Auge.

Warum ist das so? Die Erste Bank bedient sich hierbei ganz konkret jener Mechanismen, die wir als Content-Kommunikation bezeichnen. In diesem Fall will das Unternehmen in erster Linie weder Produkt noch Dienstleistung verkaufen, stattdessen aber die Botschaft, dass jede von uns alles schaffen kann, sofern sie von sich selbst überzeugt ist – Hashtag glaubandich. Und diese Botschaft wird nicht durch klassischen Werbesprech in unsere Wohnzimmer getragen, sondern indem eine Geschichte erzählt wird. Von einem kleinen Mädchen, das sich ein bisschen wie Pippi Langstrumpf die eigene Welt knallbunt und wunderschön ausmalt. So bunt, dass ihr gelingt, was niemand ihr zugetraut hätte.

Uns berührt die Geschichte. Die tollen Bilder helfen dabei, der gewählte Song passt sowas von super (okay, ich bin noch dazu Queen-Fan). Jedenfalls ist die Geschichte in all ihren Facetten wunderbar erzählt. Und ebensolche weitere Geschichten folgten in den Jahren danach – zuletzt beispielsweise jene von Alfred, vormals Alfie, der immer nach New York wollte, seinen Traum aber nie verwirklichte (Musik diesmal: Alpahville mit „Forever Young“).

Was eine Geschichte kann

Und genau das ist der springende Punkt, der Grund, warum wohl nicht nur mir diese Spots so in Erinnerung bleiben: Es wird eine Geschichte erzählt.

Die Erste Bank beschreitet hier einen recht mutigen und auf den ersten Blick auch recht teuren Weg: Sie weicht in der Strategie vom Sales-Gedanken ihrer Spots ab und setzt stattdessen darauf, bei den Menschen eine positive Verknüpfung mit der Marke zu erwirken. Diese soll – so die Idee – potenzielle Kundinnen langfristig in die Filialen und zu Produkten der Erste Bank ziehen. Diese Maßnahme ist also nicht direkt messbar, sondern nur langfristig. Außerdem aber kostet so ein Spot aufgrund von größerem Aufwand mehr. Nicht zuletzt sind auch die Sendeplätze teurer, da der Spot länger ist als gewöhnliche.

Jetzt bin ich im Grunde genau bei jenem Thema angelangt, von dem ich eingangs gesprochen habe: nachhaltige Werbung. Diese Spots laufen schon lange nicht mehr, sie sind aber immer noch in unseren Köpfen – und sie wirken auch noch immer. Die Verknüpfung zwischen Marke und Emotion wurde damals etabliert und hat sich seither nicht gelöst.

Diese Werbemaßnahme war somit – nachhaltig!

Nichts anderes machen Unternehmen, wenn sie ein digitales Magazin, einen Content-Hub, mit journalistisch aufbereiteten Inhalten bespielen. Diese Form der nachhaltigen Kommunikation funktioniert nämlich ganz ohne Werbefenster genauso, wenn nicht sogar noch besser.

Wenn ein Unternehmen wie der Schweizer Technik-Riese Bystronic das eigene Web-Magazin Naratek launcht, in dem viele spannende Themen aus der Tech-Welt aufgegriffen und veröffentlicht werden. Auch Europas größter Hotel-Entwickler ubm development verfolgt mit seinem ubm magazin die gleiche Idee wie die Erste Bank mit ihrer Werbelinie: Geschichten erzählen, um so die Zielgruppe an sich zu binden.

Schlussendlich werden Unternehmen, die auf das Erzählen von Geschichten, auf Content-Kommunikation setzen, aufgrund ihrer Geschichte gefunden. Es findet also eine Umkehr statt – nicht die Marke liefert die Information zu potenziellen Kundinnen, sondern diese suchen selbst nach spezifischen Informationen und landen über Google und Co. eben beim Unternehmen.

Wer will weltbeste Solarpanele?

Kleines Beispiel: Maria Musterfrau will auf ihrem Wochenendhaus ein Solarpanel installieren. Weil sie sich damit aber nicht auskennt, sucht sie nach heimischen Anbietern im Internet. Und so stößt sie auf einen Artikel, der beschreibt, worauf sie bei dem Unterfangen genau achten soll. Der Artikel liegt auf dem Blog der Website der Firma „Weltbeste Solarpanele“. Wie hoch ist wohl die Wahrscheinlichkeit, dass Maria Musterfrau ihr Solarpanel auch bei der Firma „Weltbeste Solarpanele“ kauft? Eben.

Dieses Beispiel beschreibt nicht nur einfach, wie Content-Kommunikation funktioniert. Es beschreibt ebenso, warum diese die aktuell wohl nachhaltigste aller Werbe- und Kommunikationsmaßnahmen ist: Sobald besagter Blog-Post live ist, ist er auch auffindbar. Und das, solange er eben live ist.

Also genauso in Zeiten, in denen man vielleicht als Unternehmen kein Geld für klassische Werbung hat. In Zeiten von Corona etwa. Oder einer anderen Krise. Weil Content-Kommunikation nachhaltig ist, ist sie vor allem eben auch eines: krisensicher.

Fazit:
Werbliche Maßnahmen, die auf Inhalten basieren, wirken auch dann, wenn sie gerade nicht aktiv beworben sind. Allein dadurch, dass Suchende Inhalte finden, wirkt Content-Marketing. Also selbst in Zeiten in denen man selbst keine Möglichkeiten hat, aktiv zu werben.